Steigende Erwartungen an Büroflächen: Beste Lage und mehr Ambiente sind gefragt.
Noch ist die Stimmung stark eingetrübt. Die Investoren bleiben skeptisch. Die Umsätze auf dem deutschen Immobilienmarkt waren 2023 um rund 60 Prozent eingebrochen, so tief wie seit 2010 nicht mehr. Doch die Talsohle könnte inzwischen bereits durchschritten sein. Experten sehen neue Präferenzen bei den Investoren. Der Markt befindet sich im Umbruch. „In Europa steigt das Investitionsvolumen in Gewerbeimmobilien bereits das dritte Quartal in Folge, was einen Wendepunkt auf den Immobilienmärkten bestätigt“, konstatiert Virginie Wallut, Director of Real Estate Research and Sustainable Investment bei La Française Real Estate Managers.
„Die Lockerung der Geldpolitik hat den Anlegern erwartungsgemäß mehr Klarheit über die Bewertungen der Assets verschafft. Da die Disinflation möglicherweise schneller als erwartet eintritt, könnte die EZB ihre Geldpolitik noch schneller und weiter lockern. Damit könnten Immobilien als Anlageklasse und wichtiger Portfoliodiversifizierer wieder attraktiver werden“, sagt Wallut. Bei der Patrizia-Investorenbefragung 2024 rechneten sogar 65 Prozent der Teilnehmer mit einer Steigerung der Transaktionszahlen, wenngleich eine Rückkehr zu den hohen Volumina wie vor der Inflation derzeit kaum erwartet wird.
Bereits jetzt haben sich die Karten neu gemischt. Das Segment Büroimmobilien lag bereits 2023 mit 4,6 Milliarden Euro erstmals bei den Umsätzen auf dem dritten Rang. Gemäß BNP Paribas Real Estate lagen die Handelsimmobilien mit 5,5 Milliarden Euro an der Spitze, gefolgt von Industrieimmobilien mit 5,2 Milliarden Euro. Künftig rechnet der Immobilien-Investmentmanager Nuveen Real Estate mit einer Outperformance ausgewählter Segmente unter den Einzelhandelsimmobilien.
Größte Herausforderung bei Gewerbeimmobilien
Der boomende Onlinehandel hatte in den vergangenen Jahren das Interesse der Investoren an der Assetklasse gedämpft. Die gefallenen Bewertungen könnten jetzt ein attraktives Einstiegsniveau bieten, sagen die Analysten. Auch für alternative Immobilientypen wie Pflegeeinrichtungen oder auch Selfstorage-Einrichtungen erwartet Nuveen Real Estate ein zunehmendes Investoreninteresse. Gefragt seien Objekte, die gegenüber der Wirtschaftskonjunktur relativ unabhängig seien. Virginie Wallut sieht bereits eine Präferenz für „demografisch orientierte Immobilien“ im Gesundheits- und Pflegesektor. Bei der Patrizia-Umfrage bevorzugten 21 Prozent der Befragten Logistikimmobilien.
Große Herausforderungen sehen die Marktteilnehmer vor allem für Büros. So erwartet Florian Reiff, Deutschlandchef des US-Immobilienunternehmens Tishman Speyer, eine Zweiteilung des Büromarktes. „Veraltete, unsanierte Gebäude in Randlagen werden zu Ladenhütern werden“, sagte er dem „Handelsblatt“. „Moderne Gebäude in guten Lagen in den Innenstädten werden jedoch perspektivisch noch gefragter. Und da derzeit kaum ein großes Projekt begonnen wird, werden für hochwertige Büroimmobilien in Spitzenlagen die Mietpreise sogar noch steigen.“ Tishman-Speyer-Manager Reiff erwartet „in den nächsten Jahren“ eine Erholung auf dem Büroimmobilienmarkt. „Abhängig von der Leitzinsentwicklung wird die Liquidität zurückkehren.“
Trendumkehr beim Homeoffice?
Mitarbeiter werden wieder verstärkt in ihre Büros zurückkehren, prognostiziert Reiff. Die Homeoffice-Quote werde wieder sinken. Neben der örtlichen Lage eines Büroobjekts, seiner technischen Ausstattung und energetischen Qualität sieht Reiff auch das Lifestyle-Flair als ein Erfolgskriterium. Restaurants, Cafés und Geschäfte in den Erdgeschossen, eine gemischte Nutzung empfiehlt er. Community-Flächen, Räume, in denen auch eine Weinprobe oder ein Spinning-Kurs stattfinden könnten, machten Büros wieder attraktiver. Im Frankfurter Taunusturm, den Tishman Speyer entwickelt hat, ist eine Dependance des Museums für Moderne Kunst untergebracht. Auf der Dachterrasse gab es während der Fußball-EM Private Viewings für die Mieter. Objekte dieser Art lassen sich gut vermarkten.
Betrachtet man den Gesamtmarkt für Büroimmobilien, so hat sich laut BNP Paribas Real Estate die Lage im abgelaufenen Jahr stabilisiert. In den ersten drei Quartalen belief sich der Flächenumsatz auf 1,95 Millionen Quadratmeter – 4 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Mit rund 7,2 Millionen Quadratmetern lag der Leerstand nahezu auf gleicher Höhe wie im zweiten Quartal. Für das Gesamtjahr 2024 halten die BNP-Paribas-Analysten einen Flächenumsatz über Vorjahresniveau für sehr wahrscheinlich. Die Zeichen deuten auf eine Bodenbildung. Der Gewerbeimmobilienmarkt könnte in ausgewählten Segmenten für Investoren gute Chancen bieten.